Heinz Cibulka   fotografische arbeiten / photographic works interdizipinäre arbeiten / interdisciplinary work digitale bildcollagen / digital collages publikationen / publications texte / texts biografie / biography

... texte | texts

|| menu ||

 


Heinz Cibulka

Chinoiserie - Aus dem Reisetagebuch

 
juni 1999

11 12 13 14 15
16 17 18 19 20
21 22 23 24 25
26 27 28 29 30
01 02

juli 1999

 

in: Chinoiserie, 2000


zur Serie "chinoiserie" || >


 

zur vorigen seite Montag, 21.6. 1999

Heute kommen wir zu den Steingrotten, zum Tor des Drachens. Viele hunderte in den Steinberg gemeißelte Budhagrotten nebeneinander ergeben eine langgezogene Felswand, die in größeren und kleineren Höhlen Budhastatuen verschiedenster Art beherbergen. Wie eine Lehmwand, die von hunderten Vögeln ausgegraben ist, sehen diese Budhahöhlenräume in der Felsenwand aus. Über schmale Steige erreichen wir Tempelchen und Höhlen und kommen von einem zum nächsten Andachtort. Die größte Budhastatue in der Mitte der Ansammlung von Heiligtümern am Tor des Drachens ist mindestens 30 Meter hoch.

Am anderen Ufer des Flusses, der am Fuße der Felsenkapellen vorbeifließt, kommen wir zu einem schönen Garten, der von dem klassischen Lyrikers Bai Ju Yi in Stufen angelegt worden ist. An Wasserfällen vorbei, an kleinen Teichen, Blumen, Pflanzen und Sträuchern führt uns ein Weg hinauf zu einem Plateau. Oben stehen große Schrifttafeln aus schwarzem Stein. Zwischen Bäumen und Sträuchern gehend kommen wir an besonderen Plätzen eines Wandelganges immer wieder an den gemeißelten Texttafeln vorbei. Soweit wir von unseren BegleiterInnen erfahren, sind das sehr alte Kultorte. Wie fast überall gibt es auch hier extra für Touristen eingerichtete Verkaufsstellen für Souvenirs und etwas zum Essen oder wenigstens Kleinigkeiten zum Naschen.

Ein alter Herr schreibt mit weißem Steinpulver Schriftzeichen auf den Boden, es sollen kleine Verszitate sein. Ohne Aufforderung erhält er dafür etwas Geld von den neugierigen Zuschauern.

Abends verabschieden wir uns von der sympatischen Frau, die uns den Aufenthalt durch ihre Anwesenheit und ihre diskreten Empfehlungen und Hilfestellungen hier besonders schön gemacht hat. Wir fahren mit dem Zug nach Jinan, Shandong. Der Bahnhof hat einen riesigen mit Steinen ausgelegten Vorplatz. Es ist sehr warm, am Boden des Platzes liegen Menschen und schlafen oder scheinen hier liegend zu warten. Der Bahnhof selber ist abgeriegelt und nur mit Fahrausweisen und Genehmigung zu erreichen. Zu unserem Pech oder vielleicht besser gesagt zu meinem Glück gibt es nur einen 1.Klasse-Schlafplatz. Den bekommt Magdalena, unser Begleiter und ich finden einige Waggons weiter in der 2. Klasse einen Schlafplatz. Zufällig fahren in diesem Zug Politiker und Militärs von einer Tagung zurück nach Hause. Wir sind hier zwar immer Privilegierte, diesmal sind wir aber zu spät angemeldet gewesen. Mir macht das aber nichts, weil ich dabei, neben den zu oft besonderen diesmal auch normalere Umstände kennen lernen kann. Eng nebeneinander gestellte Stahlrohr-Stockbetten stehen offen im Waggon. Die Betten sind hart und mit einfachen Tüchern und Decken versehen. Die Leute sitzen wegen der Hitze zum Teil wenig bekleidet auf ihren Betten, essen und trinken ihre mitgenommenen Speisen und Getränke noch vor dem Schlafengehen. Der fahrende Waggonraum ist angefüllt mit menschlichem Verhalten und einfachen Bedürfnissen. Hier fühle ich mich so fremd, daß ich nicht wage, diese berührenden Szenen zu fotografieren. Vielleicht bin ich aber heute auch nur schon zu müde dazu. Ich glaube, mein Begleiter, der auch immer in meiner Nähe ist, ist mir dankbar, daß ich aus diesen Szenen heraus keine Fotos mache. zur naechsten seite



| top |