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Heinz Cibulka

Chinoiserie - Aus dem Reisetagebuch

 
juni 1999

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juli 1999

 

in: Chinoiserie, 2000


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Ankunft in Jinan - Shandong um 6.04 Uhr.

Wir sind wieder in einem neuen Hotelzimmer und richten uns für kurze Zeit ein. Hier wird uns eine neue regionale Begleitung vorgestellt. Nach dem Frühstück dürfen wir einen Markt besuchen.

Danach besuchen wir wieder ein Museum. Hier sehe ich eine große taoistische Plastik, eine 2 m hohe Metallgußfigur in schwarz. Sie sieht den Budha-Figuren sehr ähnlich, die in tausenden vielfach kleineren Variationen überall zu sehen sind. Die großen Ohren und der Gesichtsschnitt erinnern an Budha Statuen. Es soll die Plastik eines der Gründer einer Tao- Schule sein. Die Figur beeindruckt mich sehr, ich präge sie mir ein und will sie nicht mehr vergessen.

Nach dem Essen gehen wir durch den Park Suyü - Juji, der nach dem Namen eines Dichters benannt ist. Magdalena bleibt im Hotel, sie hat seit kurzem eine Magenverstimmung.

Im nahen Parkgelände ist heute ein Festtag. Der Park liegt an einem See, im Hintergrund ist die Skyline der Stadt zu sehen. Ein langes Seil ist von Weidenbäumen auf unserer Seite über den See bis zu einem Pfahl auf der anderen Seite des Sees gespannt. Alle möglichen Kunststücke werden beim Hin und Herfahren von kleineren und größeren ArtistInnen auf dem Seil vorgeführt. Die leichten lanzettenförmigen Weidenbaumblätter an den biegsamen Ästen vor dem Himmel scheinen zu schweben. Die kleiner und größer werdenden SeilkünstlerInnen, die einmal in die eine dann wieder in die andere Richtung fahren, erinnern an Tuschemalereien, die in unterschiedlichen Qualitäten überall zu sehen sind. Junge und Alte schauen vom Park aus zu den Seilkünstlern hinauf. Hier sind außer mir nur Chinesen zu sehen. Besonders die jungen Leute schauen so neugierig und begeistert aus. Ihre Kleidung ist ähnlich wie sie Jugendliche in Europa oder Amerika auch tragen, ihre unbekümmerte und vitale Vision vom Leben zeichnet sich in ihren schönen Gesichtern ab. Nach dem Seiltanzen wird ein anderes Spektakel von den gleichen KünstlerInnen gezeigt. In einer speziell aufgestellten Kugel aus Eisenstäben fahren die Artisten, ältere und jüngere mit Fahrrädern und auch mit Motorrädern herum. Manchmal sind zwei gleichzeitig kreuz und quer in der Kugel unterwegs. Das sieht sehr waghalsig aus. Als Höhepunkt werden jeweils die ganz kleinen Künstler gezeigt.

Nach den Vorführungen fahren die rot gekleideten Künstler, teilweise zu zweit auf Fahrrädern zu ihren Quartieren, wo sie auch verköstigt werden. So sieht man sie ganz nahe vorbeikommen. Ihre Mienen als ganz normale Menschen und jenes Besondere, das Künstler manchmal ausstrahlen oder zeigen, diese visionären Willensabsichten, über das Normale hinausschauen zu wollen, darüberschweben zu wollen und jenes irdisch Menschliche der Jugendlichen glaube ich, in ihren Gesichtern zu sehen. Sie sind in einem kleinen alten Haus im Park untergebracht, dort hängt ihre frisch gewaschene Wäsche an Leinen, einige waschen noch an ihren Kleidern und Tüchern an einer einfachen Wasserstelle mit Hand und Seife.

Am Abend gibt es ein Bankett mit dem Deputy Director of Shandong Cultural Department Herrn Zhang YongShun und einigen ausgewählten Frauen und Männern aus dem Management von Kultur und dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten. So ähnliche Bankette gibt es immer bei der Ankunft in einer neuen Provinz und beim Wechsel der verantwortlichen BegleiterInnen. Dabei lernen wir auch immer die obersten Leiter dieser Ämter kennen.

Jetzt ist auch Magdalena wieder mit dabei, sie hat versucht, einen Großteil der vielen Speisen, die hier serviert werden, soweit wir sie erkennen anzuführen:

Zuccini, Schweinefleisch, Krautsalat, Spinat, Schaffleisch, Lotuswurzeln, Karottensalat, Bittergurke, Hühnerfleisch, Broccoli, Erbsen, süße Gurken, süße Datteln, klare Suppe, Rübensuppe, Muschelsuppe, Schweinefleischsuppe, Hühnerflügelsuppe, Tintenfischsuppe, Frühlingsrolle, Schweinefleisch in Teigtaschen, Essigsauce, Silberfischsuppe, Langosschnitte mit Eierspeise, Gebackene Fischsuppe, Sesambrot, Eiersuppe, Apfelreis süß, Süßkartoffelsuppe, Sojanudelsuppe, ...

dazu Wildbeerenwein, Grüner Tee, Wasser ...

Unsere Beschreibung der Speisen leitet sich von unserer Einschätzung und den Übersetzungshilfen der Chinesen ab. zur naechsten seite



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